Vom 21.-27. Mai spielte ich ein IM-Turnier in Hamburg. Ich holte 5,5/9 Punkte und verpasste damit eine WGM Norm denkbar knapp: ein halber Punkt fehlte mir dazu. Trotzdem kann ich ein sattes Eloplus von 21 Punkten verbuchen und bin insgesamt zufrieden mit meinen Partien.
Das Turnier startete für mich mit einer Doppelrunde an meinem 20.Geburtstag. Bisher war es immer ein gutes Omen, wenn ich an meinem Geburtstag Schach spielte. Ich hatte bereits drei Mal auf der Deutschen Meisterschaft Geburtstag und konnte dort alle 3 Partien gewinnen; witzigerweise sogar zwei Mal davon gegen die gleiche Gegnerin. Auch die Doppelrunde in Hamburg lief gut: mit 1,5/2 konnte ich zwar meine bisherige 100%-Quote an meinem Geburtstag nicht ganz aufrechterhalten, aber das gute Omen hat sich bestätigt. Abends blieb noch Zeit für einen Spaziergang an der Alster und ein leckeres Essengehen beim Italiener.
Zuerst spielte ich mit Weiß gegen Michael Kotyk, gegen den ich eine scharfe Italinisch-Variante aufs Brett brachte. Schon früh in der Partie kam ich hier mit .d6 in entscheidenden Vorteil: Nach cxd6 hängt der Läufer auf b4, nach Lxd6 der Springer auf a5 und nach Dxd6 folgt De1+ mit einem Doppelangriff auf König und Läufer. Die Partie wurde auf dem YouTube Kanal von Perlen vom Bodensee ausführlicher analysiert. Hier geht es zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=6J0DihJcvXg
In der zweiten Partie spielte ich gegen FM Daniel Kopylov einen Rauzer-Sizilianer, der schnell ins Remis verflachte.
Gegen den lettischen GM Normunds Miezis hatte ich in Runde 3 hervorragende Chancen in großen Vorteil zu kommen. Allerdings hatte ich mir meine Zeit zu schlecht eingeteilt, sodass ich in der entscheidenden Phase in Zeitnot war und ins Remis abwickelte.
Die kurioseste Partie folgte gegen FM Daniel Fischer aus der Schweiz. Wir hatten eine spannende Stellung, bei der ich das Läuferpaar besaß, mein Gegner das Springerpaar und jeweils noch eine Dame auf dem Brett war. Dies sollten bald witzigerweise jeweils zwei Damen werden. Es kam zu einem Bauernrennen, mein h-Bauer konnte nicht mehr aufgehalten werden, sein a-Bauer ebenso. Ich rechnete, dass ich einen Zug schneller bin und einen Zug lang schon 2 Damen habe, während mein Gegner nur eine besitzt. Erstaunlicherweise musste ich feststellen, dass sich dieser Extrazug nicht so gut nutzen ließ wie erwartet: Ich konnte weder ein Schach geben, noch Matt drohen, noch seinen Bauern aufhalten. Verrückt, ich bin mit zwei Damen gegen eine am Zug und es gibt keinen offensichtlichen Gewinn.
Ich fand in der Partie die stärkste Fotsetzung und nutzte meinen Extrazug, um den Bauern auf c2 zu gewinnen und es dem weißen König doch sehr ungemütlich zu machen. Denn auch mein König war dermaßen gut geschützt, dass auch seine zwei Damen anschließend kein einziges Schach geben konnten.
Ich fand anschließend das Mattnetz für den weißen König, der hier im nächsten Zug mit Dd2+ oder mit Dcc4+ Matt gesetzt wird. Was für eine Partie und ein wichtiger Punkt für mich!
In Runde 5 und 6 folgten zwei Remis gegen Jeremy Hommer und Arne Bracker. Damit brauchte ich noch 2 Punkte aus den verbleibenden 3 Partien. Gegen IM Michael Kopylov entwickelte sich eine spannende Partie mit beiderseitigen Chancen. Ärgerlicherweise verlor ich Stück für Stück den roten Faden und musste mich letztendlich geschlagen geben. Das bedeutete auch, dass ich nun 2/2 aus den letzten beiden Runden erreichen musste.
Gegen Isaac Garner holte ich den notwendigen Sieg, nachdem ich nach überstandener wilder Zeitnotphase in ein gewonnenes Turmendspiel abwickeln konnte.
Nun war ich also in der letzten Runde in einer Must-Win-Situation gegen den englischen IM Brandon Clarke, der das IM-Turnier überzeugend mit 7,5/9 gewann. Ich versuchte mein Bestes, kam aber nicht über ein Remis hinaus. Schade für meine Norm! Trotzdem bin ich mit dem Eloplus und meiner Leistung von 2388 zufrieden.
Vielen Dank an Frank Bracker für die hervorragende Organisation des Turniers und für den schönen Blumenstrauß zu meinem Geburtstag, über den ich mich sehr gefreut habe! Frank hat sich in diesem Turnier als wahres Allround-Talent erwiesen: Live-Bretter gemanaged, Turniersäle hergerichtet, Brötchen geschmiert, ein Buffet gezaubert, Kaffee gekocht und für die Vitaminversorgung der Spieler gesorgt 😉
Nach der letzten Runde fuhr ich nach Hause nach Lehrte, wo gerade die Endrunde der Frauen-Bundesliga in vollem Gange war. Gespielt wurde im Kurt-Hirschfeld-Forum, der Aula meiner ehemaligen Schule. Bisher konnte ich diese Saison leider noch kein Spiel für den SV Hemer spielen, da sich die Frauen-Bundesliga-Termine immer mit für mich wichtigen Turnieren überschnitten. Umso weniger rechneten unsere Gegner von gestern, die Rodewischer Schachmiezen, damit, dass ich ihnen im letzten Spiel der Saison von Hemer gegenübersitzen würde. Der Überraschungseffekt war entsprechend groß und gab meiner Mannschaft schon ein gutes Gefühl für die Partie. Wir konnten den Kampf sensationell mit 3,5-2,5 gewinnen und damit den Klassenerhalt absichern. Valerija Naumenko gewann an Brett 6 gegen ihre nominell 350-Elopunkte stärkere Gegnerin, auch WGM Iulia-Ionela Ionica steuerte einen ganzen Punkt für unser Team bei. Ich selbst spielte Remis, ebenso wie WGM Elena Luminita Cosma und WFM Alessia-Mihaela Ciolacu; damit stand unser 3,5 Sieg fest. Toll!
Als nächstes spiele ich ein Open in Krefeld über Pfingsten, danach folgt ein WGM Turnier in London, wo ich erneut auf Normenjagd gehen werde.
Bis bald,
eure Lara
Turnierergebnisse Hamburg: http://chess-results.com/tnr634833.aspx?lan=0&art=9&fed=GER&snr=5
Bericht SV Hemer: https://www.svhemer1932.de/mannschaften/frauen/
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