An diesem Wochenende fand in Göttingen die Deutsche Schnellschachmeisterschaft statt, eingebettet in ein großes Schnellschach-Event.
Mit dem Ziel der Titelverteidigung reiste ich nach Göttingen und diese ist mir geglückt. Ich bin mit 7,5/ 9 erneut Deutsche Meisterin im Schnellschach 2022.
Am Samstag fanden die Runden 1 bis 5 statt. Ich startete mit 2 Siegen gegen Heike Germann und Maria Kozachenko.
In der ersten Runde kam diese interessante Endspielstellung aufs Brett, von der ich überzeugt war, dass sie mit meinen 2 Mehrbauern gewonnen ist. Denn das naheliegende und in der Partie gespielte Txa5 verliert für Weiß wegen Lxb3! Nach Lxb3 Td3+ Kf4 Txb3 entstand ein gewonnenes Turmendspiel für mich, dass ich nach Hause brachte. Die nachträgliche Analyse mit der Engine spuckte in der Diagrammstellung aber noch den erstaunlichen Verteidigungszug Kf2 aus. Damit geht Weiß prophylaktisch aus dem Lxb3-Trick raus, gewinnt den Bauern auf a5 und hat noch Chancen auf Remis.
In Runde 2 konnte ich von ungleichfarbigen Läufern im Angriff profitieren. Schwarz ist auf den weißen Feldern machtlos und kann sich nicht mehr gegen Ld5 nebst Dg8+ verteidigen.
In der dritten Runde spielte ich gegen die spätere zweitplatzierte Marharyta Khrapko. Es war eine ziemlich wacklige Partie, in der ich mit einem Bauern weniger im Schwerfigurenendspiel ums Remis kämpfen musste.
Zum Glück ließ sie mich in ein remises Turmendspiel entkommen, welches man auf dem Foto sieht, und der halbe Punkt war abgesichert.
Auch in Runde 4 gegen Brigitte von Hermann, die im Endeffekt auf dem 3. Platz landete, tat ich mich etwas schwer und es gelang mir nicht, meinen Vorteil zu verwerten. Über die Punkteteilung war ich schließlich aufgrund meiner wenigen Zeit froh.
Die wichtigste Partie folgte in Runde 5 gegen Luisa Bashylina. Luisa hatte bisher alle Partien gewonnen und lag mit 4/4 zu diesem Zeitpunkt einen ganzen Punkt vor mir. Ein Sieg war also wichtig, um wieder in die Führungsgruppe zu kommen. Es entwickelte sich eine spannende Stellung mit beiderseitigen Chancen. Ich musste mich allerdings gegen einen bedrohlichen Angriff verteidigen und die Stellung schien langsam immer schlechter zu werden für mich. Ich hielt nach einer Gegenspielidee Ausschau und fand sie schließlich im Damentausch, nach dem sogar mein Freibauer noch eine wichtige Rolle spielen konnte.
Hier kann Weiß mit 36.Sd6 oder 36.b3 immer noch den Vorteil behalten. Luisa zog jedoch das durchaus logische 36.Txg7, was allerdings sofort für mich gewinnt. 36…d3 und der Freibauer droht in wenigen Zügen das Umwandlungsfeld zu erreichen. Es folgte 37.Tg2 Txf4 mit Mattdrohung auf f1 und Angriff auf den Springer auf f5. Weiß hat keine Verteigung mehr, nach 38.Se3 würde 38...Le3 folgen und der d-Bauer macht das Rennen. In der Partie folgte das plötzliche Ende mit 38.Sd6 Tf1# Matt. Das Ende der Partie könnt ihr auch in diesem Video sehen: https://www.youtube.com/watch?v=qMqbDBAB9Us
Damit war ich nach dem ersten Tag mit 4/5 zusammen mit Luisa und Marharyta in der Führungsgruppe.
An Tag 2 begann ich mit zwei Siegen gegen Johanna Blübaum und Lena Mader.
Nach 23…b5? Konnte ich mit 24.Lxd5! meinen geopferten Bauern zurückgewinnen. Nach exd5 folgt Sxd5 nebst Sf6+ und Dxd7. In der Partie wurde mein Läufer auf d5 nicht geschlagen, wenig später tauchte aber trotzdem ein Springer auf e4 und f6 auf und gewann die Partie.
Da sowohl Luisa als auch Maharyta in den Runden 6 und 7 schon ganze Punkte abgegeben hatten, führte ich die Tabelle mit einem halben Punkt Vorsprung auf Brigitte von Hermann an.
In Runde 8 kam ich gegen Ornella Falke nicht über ein Remis hinaus, da aber Brigitte gegen Marharyta verlor, behielt ich einen halben Punkt Vorsprung vor Marharyta.
In der letzten Runde musste ich also gegen Alisa Frey gewinnen, um meinen halben Punkt Vorsprung zu behalten. Ich wusste allerdings, dass ein Remis zu 99% auch für den Titel reichen würde, da meine Buchholz vor der letzten Runde deutlich besser war als die meiner Verfolgerin. Auf Buchholz musste es aber nicht mehr ankommen, da ich den ganzen Punkt gegen Alisa einfahren konnte.
Damit sicherte ich mir mit 7,5/ 9 Punkten den Titel. Zweite wurde Marharyta Khrapko mit 7/9, darauf folgten Brigitte von Hermann und Luisa Bashylina mit 6/9.
Hier geht's zu meinem Siegerinterview mit Paul Meyer-Dunker: https://www.youtube.com/watch?v=-_C0THLu3rU
Die Meisterschaft wurde zusammen mit der Deutschen Schnellschachmeisterschaft (Herren/offen) und der neuen Deutschen Schnellschach-Amateurmeisterschaft ausgetragen. Da der eigentlich geplante Spielort gesperrt war, musste auf eine Turnhalle ausgewichen werden. Eine gute Turnieratmosphäre und das Meisterschaftsfeeling kamen aber trotzdem auf. Vielen Dank an unsere Hauptschiedsrichterin Sandra Schmidt für die tolle Meisterschaft!
Ich habe einmal mehr festgestellt, dass Schnellschach meine absolute Lieblingsdisziplin ist. Dieses Jahr bin ich zwar nicht ganz so sehr durchs Feld gefegt wie letztes Jahr, wo ich mit 8/8 bereits eine Runde vor Schluss den Titel in der Tasche hatte. Trotzdem war die Titelverteidigung recht souverän. Ich habe mich damit nun zur Schnellschach-WM Ende des Jahres qualifiziert. Der Austragungsort steht aber noch nicht definitiv fest. Ich bin gespannt, wo die Weltmeisterschaften stattfinden.
Ein kurzer Rückblick: Anfang September spielte ich ein IM-Turnier in London. Das Turnier selbst lief leider nicht besonders gut. Allerdings gab es in der Mitte einen freien Tag mit einem Schnellschachturnier. Dort konnte ich geteilter Zweiter werden, vor allem war dies aber eine hervorragende Vorbereitung auf die Deutschen Schnellschachmeisterschaften. An dieser Stelle noch einmal ein Dankeschön an Lance Leslie-Smith für die tolle Ausrichtung des IM-Turniers und des Schnellschachturniers.
Eine kurze Vorschau: Als nächstes spiele ich bei der Junioren-Weltmeisterschaft auf Sardinien/ Italien. Die WM geht vom 11.-23. Oktober. Ich freue mich schon sehr darauf und werde euch natürlich auch davon auf meinem Blog berichten.
Eure Lara
Fotos von Paul Meyer-Dunker
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